Abgeschlossenes Projekt:

 

Fachliche Vernetzungen und Verbindungen des Wiener Völkerkunde-Institutes mit dem "Altreich" (1933-1945)

 

Das Projekt „Fachliche Vernetzungen und Verbindungen des Wiener Völkerkunde-Institutes mit dem ‚Altreich’ (1933-1945)“ versteht sich als Ergänzung des laufenden Projektes „Rochaden – Systemerhalter, Überläufer und Verstoßene“, das unter der Leitung von Prof. Andre Gingrich am Wiener Institut für Kultur- und Sozialanthropologie durchgeführt wird. Im Zentrum des Projektes „Fachliche Vernetzungen und Verbindungen des Wiener Völkerkunde-Institutes mit dem ‚Altreich’“ steht die gründliche Erforschung der Kontakte zwischen Wiener Völkerkundlerinnen und Völkerkundlern einerseits und deutschen Fachgelehrten und entsprechenden Instituten und Museen andererseits sowie zur Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und zur deutschen Gesellschaft für Völkerkunde. Da das Fach Völkerkunde in Österreich – abgesehen von einem zeitweise existierenden Lehrstuhl in Graz – ausschließlich in Wien vertreten wurde, ist es legitim sich bei der Bearbeitung dieses Thema auf die Hauptstadt zu konzentrieren. Der zeitliche Rahmen umfasst die Phase zwischen 1933 und 1945 mit besonderer Berücksichtigung der Situation vor und nach 1938.

Eine genauere Untersuchung der Beziehungen zwischen österreichischen und deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in jener Zeit ist von besonderer Brisanz: Einerseits waren – bei allen Differenzen – beide Staaten durch eine gemeinsame Sprache verbunden, und ethnologische Strömungen entwickelten sich in den deutschsprachigen Ländern keineswegs getrennt voneinander; andererseits gestaltete sich – insbesondere im Hinblick auf den „Anschluss“ im Jahr 1938 und die unmittelbar folgenden Jahre – das Verhältnis beider Staaten kompliziert und verhängnisvoll. Diese gesellschaftspolitische Situation wirkte sich auch auf die Interaktionen zwischen deutschen und österreichischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus. Darüber hinaus ist gleichfalls zu berücksichtigen, dass Interaktionen, wie hier zwischen österreichischen und deutschen Gelehrten der Völkerkunde und fachspezifischen Institutionen, – sofern sie im Sinne des NS-Staates waren – generell systemstabilisierend wirkten.

Vor dem Hintergrund der sich ändernden politischen Rahmenbedingungen und unter Berücksichtigung der einzelnen Biographien, der jeweiligen theoretischen Ausrichtung und persönlichen Grundhaltung wird also zum einen beleuchtet, inwiefern und unter welchen Bedingungen einzelne österreichische und deutsche Völkerkundlerinnen und Völkerkundler miteinander kooperierten, sich mieden oder unter Umständen sogar diffamierten. Dabei sollen Fachgelehrte, die eine Anstellung hatten, genauso Beachtung finden, wie ihre Kolleginnen und Kollegen, die sich in innerer oder äußerer Emigration befanden. Zum anderen wird ermittelt, wie sich das Verhältnis von Wiener Völkerkundlerinnen und Völkerkundlern zur deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in jener Zeit gestaltete. Überdies wird aufgezeigt, inwieweit Wiener Fachgelehrte bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft und innerhalb dieser insbesondere über die Österreichisch Deutsche Wissenschaftshilfe um Unterstützung angefragt haben und inwiefern sie tatsächlich von dieser Institution Förderung erfuhren.

Das Projekt stellt gewissermaßen eine unmittelbare Verbindung zwischen den bisherigen Studien zu Rolle der Ethnologie im Nationalsozialismus in Österreich einerseits und in Deutschland andererseits her.

 

Dieses Projekt wurde vom FWF im Rahmen des Lise-Meitner-Programms gefördert.